60 Jahre Forschung, die zählt

Gründungsjahre und Aufschwung

Das Institut für Höhere Studien feiert heuer sein 60-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass erscheinen dieses Jahr immer wieder Blogbeiträge, die sich mit verschiedenen Aspekten der Institutsgeschichte auseinandersetzen. Zum Auftakt haben Andreas Huber und Thomas König die verschiedenen Perioden des Instituts zusammengefasst, basierend auf bestehender Literatur und ihrer historischen Forschung. Der Beitrag erscheint in zwei Teilen: in diesem ersten Teil widmen sie sich der Gründungszeit und der ersten Hochzeit des Instituts.

Autoren: Andreas Huber, Thomas König


Die Errichtung des IHS vor 60 Jahren war für die damals noch recht junge Zweite Republik ein wissenschaftspolitisches Ereignis ersten Ranges - und wäre ohne Anstoß von außen auch kaum geschehen. Es gab wenig Erfahrungen für eine solche Neugründung und zugleich hohe Erwartungen, und das erklärt auch, warum die Gründung des Instituts langwierig und teilweise ungeordnet verlief. Auch die weitere Geschichte des IHS ist durchaus abwechslungsreich und von Höhen und Tiefen geprägt. Im Folgenden stellen wir den Verlauf in Perioden dar - und zeigen, warum die bewegte Geschichte des IHS insgesamt eine Erfolgsstory ist.

Gründungsjahre (1958 bis 1970)

Die ersten Jahre des Instituts – einschließlich der offiziellen Eröffnung mit 31. Jänner 1963 – verliefen unruhig. Nach einem schnellen Aufbau verließ der erste Direktor, Slawtscho Sagoroff, das Institut bereits 1965, woraufhin Oskar Morgenstern die Leitung für ein Jahr übernahm; mehrere kurzfristige Direktorenbesetzungen folgten. Der Personalstand schwankte zu jener Zeit stark; 1967/68 reduzierte zudem die Ford Foundation die Subventionen für das IHS. Erst Ende der 1960er-Jahre spielte sich Institutsroutine ein, und es standen die Ingredienzien für eine erfolgreiche Weiterentwicklung bereit. Der Personalstand erholte sich ab nun rasch und erreichte im Herbst 1969 den Stand aus Mitte der 1960er-Jahre. Das Kuratorium des Instituts schaffte es, die Einnahmensituation zu stabilisieren, und die Zahl der Gastprofessoren blieb hoch, mit teilweise 50 Prozent aus Übersee.

Erster Aufschwung (1971 bis 1979)

Bis 1970/71 hatte sich auch das Kuratorium vergrößert. Es zählte nun zehn Mitglieder und beinhaltete u.a. Hertha Firnberg, die erste Wissenschaftsministerin Österreichs, sowie Bundeskanzler Bruno Kreisky. Auch zwei Generaldirektoren österreichischer Banken saßen am Tisch: Franz Ockermüller von der Österreichischen Länderbank und Josef Taus von der Bank der österreichischen Sparkassen. Die Einnahmensituation blieb aufgrund der Zuwendungen aus dem Wissenschaftsministerium stabil. Mithilfe einer IBM-Rechenanlage legte das IHS nicht nur die Basis für umfassende empirisch-sozialwissenschaftliche Forschungen in Österreich, es ermöglichte auch Wahlhochrechnungen, die Direktor Gerhart Bruckmann bei den Nationalratswahlen 1970 einem Millionenpublikum im Österreichischen Rundfunk (ORF) präsentierte. Studierende, die eine Postgraduate-Ausbildung am IHS anstrebten, konnten bei ihrer Bewerbung aus fünf Abteilungen wählen, an der sie die Postgarduierten-Ausbildung absolvieren konnten: neben Ökonomie, Soziologie und Politikwissenschaft waren dies auch noch Mathematische Methoden und Computerverfahren (MMC) sowie Betriebswirtschaftslehre/Operational Research.

Stagnation (1980 bis 1991)

Ende der 1970er-Jahre (1979/80) zogen sich Angehörige der Oesterreichischen Nationalbank weitgehend aus dem Kuratorium zurück. ÖNB-Präsident Stephan Koren blieb jedoch Präsident des IHS-Kuratoriums, bis er im Jänner 1988 im Amt verstarb. 25 Jahre nach der Institutsgründung übernahm diese Funktion der damalige Bundesminister für Föderalismus und Verwaltungsreform im Bundeskanzleramt, Heinrich Neisser. Trotz der hochrangigen Vertreter machte sich in dieser Phase ein allmählicher Bedeutungsverlust des Instituts bemerkbar, insbesondere ersichtlich aus dem Rückgang von Gastprofessuren aus den USA und Kanada. Zuvor eine Art Alleinstellungsmerkmal des IHS, kamen in den 1980ern oftmals nur mehr ein Fünftel oder weniger Wissenschaftler/innen von Universitäten und anderen Institutionen aus Nordamerika. In der Öffentlichkeit thematisiert wurde der vorzeitige Rücktritt des international renommierten Systemwissenschaftlers Anatol Rapoport, der infolge konträrer Auffassungen zum Kuratorium mit Ende des Jahres 1983 das Institut verließ. Sein Nachfolger war bis 1989 der vormalige Staatssekretär im Finanzministerium, Hans Seidel.

Teil 2: Aufbruch und Neuausrichtung


Die Ausarbeitung dieses Textes erfolgte im Rahmen des OeNB Projektes „Schmiede sozialwissenschaftlicher Eliten“.