Spotlight: Laura Wiesböck

Laura Wiesböck ist Soziologin und seit April 2022 am IHS. Sie ist Teil der Forschungsgruppe Bildungsforschung und Beschäftigung und forscht zu sozialer Ungleichheit. 2018 erschien ihre Monographie „In besserer Gesellschaft“.


Zu welchen Themen forschst du und was waren deine bisherigen akademischen Stationen?

Ich bin Soziologin und forsche zu Formen, Ursachen und Auswirkungen sozialer Ungleichheit, mit besonderem Fokus auf Arbeitsmarkt, Armut und Geschlecht. Ich war 10 Jahre lang am Institut für Soziologie an der Universität Wien tätig, mit unterschiedlichen internationalen Stationen, wie der University of Oxford oder der University of Ghana. Ich interessiere mich für Forschung zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen, und dafür, wissenschaftliche Erkenntnisse und Perspektiven auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Am IHS leite ich derzeit zwei Projekte im Bereich Gender und Arbeitsmarkt. Bei GigClean geht es um Arbeits- und Lebensrealitäten von Reinigungskräften in Privathaushalten, deren Aufträge über Internetplattformen vermittelt werden. CAREDEMIA beschäftigt sich mit der Situation von early career Wissenschaftlerinnen mit betreuungspflichtigen Kindern seit der Pandemie.

Thema Wissenschaftskommunikation: Hat Corona hier etwas verändert?

Das Interesse an soziologischen Deutungen hat anfänglich von medialer Seite zugenommen. Der Wunsch ist allerdings oft, dass Eindeutigkeit erzeugt und klare Prognosen oder individuelle Handlungsanweisungen bereitgestellt werden. Das können Soziolog:innen seriöserweise nicht. Sie können und sollten aus meiner Sicht aber differenzieren, kritisch hinterfragen und Ungewissheit kultivieren, ohne Bedrohungsszenarien zu schaffen. In Krisenphasen, in denen es primär um die Suche nach Antworten und die Herstellung von Kontrolle geht, ist das kaum erwünscht. Gerade dann wäre es aber wichtig.

Seit April 2022 bist du am IHS, wie ist der Einstieg bisher gelaufen?

Ich bin froh, in einer Zeit hergekommen zu sein, in der Forschende wieder verstärkt vor Ort arbeiten können. Eine neue Organisation nur von zu Hause aus kennenzulernen wäre herausfordernder gewesen, da hatte ich Glück. Auch räumlich mag ich das IHS, insbesondere das Büro, in dem ich gemeinsam mit Mai Linh Angelique Vo und Julia Radlherr arbeite. Dass Treffen und Besprechungen in einem Garten abgehalten werden können, ist für mich ein Luxus. Außerdem arbeiten einige Soziologie-Kolleg:innen hier, die ich noch vom Studium kenne. Allgemein ist das Haus zwar offensichtlich stärker ökonomisch ausgerichtet, das kann aber auch eine disziplinäre Bereicherung sein.

Gibt es bereits interdisziplinäre Zusammenarbeit?

Ich bin erst seit April da und noch dabei, mich einzuarbeiten. Das ist aber etwas, wofür ich offen bin.

Kannst du noch mehr zu deinem Forschungsprojekt GigClean erzählen?

Bei dem Projekt, das bis November 2023 läuft, geht es wie bereits erwähnt um die Arbeits- und Lebensrealitäten von Reinigungskräften in Privathaushalten. Eine der Hauptinteressen ist es, mehr über die Verteilung von Verantwortlichkeiten und Risiken zwischen Plattformen, Kund:innen und Reinigungskräften zu gewinnen, zum Beispiel was die Bezahlung oder Gesundheitsfragen betrifft. Neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn ist es auch das Ziel, eine Website zu erstellen, die Reinigungskräften niederschwellige Informationen über ihre eigene rechtliche Lage in 14 Sprachen anbietet. Diese werden auf Basis unserer Ergebnisse gemeinsam mit einem Advisory Board ausgearbeitet, das aus Arbeitsrechtexpert:innen und Gewerkschafter:innen besteht.

Habt ihr schon Ideen wie ihr die Zielgruppe erreichen könnt?

Wir arbeiten mit unterschiedlichen Ansätzen. Einerseits über Social-Media-Kanäle und Plattformen selbst, andererseits auch analog, etwa über Flyer in Supermärkten oder Schulen, die zur Teilnahme aufrufen. Gerade sind wir am Anfang der Erhebungsphase und führen erste Interviews.

Gibt es darüber hinaus Forschungsschwerpunkte, die dich interessieren?

Aktuell arbeite ich an der Bertha von Suttner Universität mit Psychotherapiewissenschaftler:innen in einem Forschungsprojekt zum Thema Psychiatrie und Digitalisierung mit. Das ist ein Bereich, der durch die Pandemie an Relevanz gewonnen hat und dessen soziologische Betrachtung ich bereichernd finde.

Danke für das Gespräch!