Spotlight: Martin Ertl

Martin Ertl ist im Mai 2021 ans IHS gekommen und arbeitet als Ökonom in der Forschungsgruppe für Makroökonomik und Konjunktur.


Du bist seit etwas mehr als einem halben Jahr am IHS, wo warst du davor beruflich unterwegs?

Ich war neun Jahre lang Chefvolkswirt in einer österreichischen Versicherung und dort verantwortlich für makroökonomische Analyse, insbesondere Konjunktur- und Finanzmarktprognosen – also generell relativ ähnlich zu meiner jetzigen Tätigkeit. Einen Fokus hatte ich dabei unter anderem auf Länder in Zentral- und Osteuropa. Meine volkswirtschaftliche Ausbildung habe ich an der Barcelona School of Economics und an der WU Wien absolviert. Derzeit nähere ich mich dem Ende meines Doktorats, das ich 2017 begonnen habe. In meinen Arbeiten beschäftige ich mich zum Beispiel mit der empirischen Schätzung neukeynesianischer Phillipskurven oder dem natürlichen Zinssatz in einem dynamischen stochastischen allgemeinen Gleichgewichtsmodell.

Am IHS bist du Mitglied der Prognosegruppe, was sind dort deine Aufgaben?

Ich bin zuständig für die österreichische Außenwirtschaft und Teile der internationalen Konjunktur. Der internationale Handel rückt für mich in den Mittelpunkt, was natürlich durch Ereignisse wie den Handelskrieg, den Brexit und die Pandemie besonders an Aktualität gewonnen hat. Eines der größeren Projekte, in die ich involviert bin, ist die Entwicklung von Außenhandelsmodellen. Das passt also gut zusammen. Darüber hinaus bin ich noch bei einigen anderen Projekten dabei, aber generell liegen meine Schwerpunkte auf Makroökonomik kleiner, offener Volkswirtschaften und Konjunkturprognose.

Die nächste Präsentation der Konjunkturprognose steht am 15. Dezember an, wann beginnen für euch die Vorbereitungen?

Üblicherweise beginnen wir ein paar Wochen davor, uns mit der Konjunkturentwicklung intensiver zu beschäftigen. Die gemeinsame Tätigkeit im Prognose-Team beginnt immer mit der ersten Prognosebesprechung mit Helmut Hofer. Bis zu einem gewissem Grad verfolgen wir aber natürlich laufend die Entwicklungen mit, etwa wenn neue Daten veröffentlicht werden.

Ist die Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung derzeit schwieriger als sonst?

Momentan gibt es sicher außergewöhnliche Herausforderungen durch die COVID-19 Pandemie, das erschwert die Arbeit natürlich. Wir müssen mit einer Reihe von Unsicherheiten umgehen, etwa ob und wann der aktuelle Lockdown endet. Auch die neue Virusvariante, über die erst in den letzten Tagen berichtet wurde, erhöht diese Unsicherheit. Relevant ist das unter anderem für die Außenwirtschaft, beispielsweise bei der Prognose des Reiseverkehrs. Eines der größten Fragezeichen für Österreich ist momentan die Situation im Wintertourismus. Das sind alles Herausforderungen, die wir in „normalen“ Zeiten nicht haben. Das macht es einerseits schwierig, andererseits auch besonders spannend. Abgesehen von der Pandemie ist momentan die Entwicklung der Inflation ein großes Thema – wobei die Pandemie natürlich auch dort für unterschiedliche Sondereffekte sorgt.

Wie fällt dein Resümee der ersten sechs Monate am IHS aus?

Für mich persönlich war es ein sehr schöner Schritt. Ich war bisher meine gesamte berufliche Karriere im privaten Sektor und hatte immer wieder den Gedanken, einmal in die angewandte Wirtschaftsforschung zu wechseln. Die IHS Forschungsgruppe für Makroökonomik und Konjunktur gehört, etwa was makroökonomische Modellierung oder Konjunkturprognosen angeht, zu den ersten Adressen in Österreich. Da kann man noch viel dazulernen. Im privaten Sektor hatte ich wenig Austausch mit anderen Forscherinnen und Forschern, das ist jetzt anders.

Danke für das Gespräch!