Spotlight: Johannes Starkbaum

Johannes Starkbaum ist seit 2018 am IHS und beschäftigt sich in der Forschungsgruppe Technik, Wissenschaft und Gesellschaftliche Transformation unter anderem mit partizipativen und nachhaltigen Innovationsprozessen.


Wie sieht dein akademischer Werdegang aus?

Ich habe Soziologie an der Universität Wien und in Kopenhagen studiert und schon früh im Studium begonnen, im wissenschaftlichen Bereich zu arbeiten. Ich habe zunächst als Studienassistent, dann als Projektmitarbeiter gearbeitet und war im Bereich Familiensoziologie tätig. In einer großen Studie haben wir uns damals unterschiedliche Aspekte des familiären Zusammenlebens angesehen und methodisch breit gearbeitet – von Interviews bis hin zu Bildanalysen.

Du bist dann in die Politikwissenschaft gewechselt, was waren dort deine Schwerpunkte?

Nach meinem Masterabschluss 2010 bin ich in die Politikwissenschaften eingestiegen und habe mich dort, an der Life-Science-Governance Forschungsplattform, auf den medizinischen Bereich fokussiert und mit der europäischen Integration von Biobanken auseinandergesetzt. Aus einer 'Science and Technology' (STS) Perspektive waren hier Fragen der partizipativen Forschung dominant - etwa wie sensible medizinische Daten in der Forschung verwendet werden und wer darauf Zugriff haben soll und darf. Im Rahmen meiner Forschung war ich auch österreichischer Kontaktpunkt für die Europäische Forschungsinfrastruktur BBMRI ERIC welche die Vernetzung europäischer Datenbestände vorantreibt. Von 2014 bis 2015 habe ich an der Universität Erlangen-Nürnberg zur Regulierung von neuen Biotechnologien geforscht.

Wann bist du ans IHS gekommen?

Das war 2018. Ich habe meine Dissertation abgeschlossen und bin am IHS zunächst in zwei Forschungsprojekte eingestiegen. Meine Schwerpunkte haben sich dann verschoben, weg von medizinischen Daten, hin zu europäischer Forschungspolitik beim NewHoRRIzon-Projekt einerseits und zu partizipativer Innovation beim Projekt RiConfigure andererseits. Ich arbeite derzeit noch an Evaluations-Projekten und heuer hat das internationale ERA PerMed Projekt POPEYE begonnen, bei dem ich zur Forschung im medizinischen Bereich zurückkehre.

Worum geht es dabei?

Es geht um eine sozialwissenschaftliche Begleitung einer größeren medizinische Studie zu einer neuen zielgerichteten Krebstherapie. Mit Radionuklidtherapie, Visualisierungstechniken und verschiedenen Modellrechnungen sollen Behandlungen besser greifen und effizienter auf PatientInnen abgestimmt werden. Wir untersuchen dabei, wie sich das in den klinischen Alltag integrieren lässt und was diese Umstellung für das institutionelle Setting, für PatientInnen, und das klinische Personal bedeutet.

Im Projekt Riconfigure arbeitet ihr mit dem sogenannten Quadruple Helix Modell, was kann man sich darunter vorstellen?

Das Konzept fordert, im Kontrast zu anderen Innovationsmodellen, aktive Zusammenarbeit sehr unterschiedlicher Gruppen. „Quadruple“ bezieht sich dabei auf den Anspruch, Akteure aus folgenden vier Sektoren einzubinden: Industrie, Wissenschaft, öffentlicher Sektor und Zivilgesellschaft. Das wird besonders bei komplexen Problemen notwendig, die mit verschiedenen Gesellschaftsbereichen verwoben sind. In der Praxis sind diese Konzepte oft schwierig umzusetzen; vor allem die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure, da wir hier von einem sehr heterogenen Feld sprechen.

Hast du ein Beispiel dafür?

Konkret arbeiten wir mit dem Open Innovation Departement der ÖBB zusammen. Die ÖBB streben damit bewusst einen Öffnungsprozess an und wollen bei der Entwicklung von Innovationen – etwa neue Ticketsysteme – möglichst viele Perspektiven einzubinden. Auf der anderen Seite geht es dabei darum, auf generelle Veränderungen im Mobilitätssektor zu reagieren und über die Vernetzung mit anderen Anbietern den Service über die Schiene hinaus auszubauen. Das Quadruple Helix Modell hilft dabei, sehr unterschiedliche Perspektiven in kreative Prozesse einzubinden.

Welchen Themen möchtest du dich in Zukunft widmen?

Wenn über Forschung gesprochen wird, gilt oft das Ideal einer breiten, interdisziplinären Aufstellung. Wenn man sich das Wissenschaftssystem jedoch ansieht, wird eher ein sehr enger thematischer Fokus mit starker Verwurzelung in einer bestimmten Disziplin gefördert. Ich habe thematisch immer breit gearbeitet und möchte mir das auch für die Zukunft beibehalten. Wichtig ist dabei ein verbindendes Element, bei mir ist das einerseits die Kompetenz in empirischer Forschung und andererseits der partizipative Gedanke, der unterschiedliche Stakeholder-Gruppen im Auge behält.

Danke für das Gespräch!