Dritter Berufsbildungs-Jour-Fixe: Kosten, Nutzen und Zukunft der Lehrlingsausbildung im Fokus

Unter dem Titel „Too expensive or too cheap: Erträge und Kosten der Lehrlingsausbildung“ stand die ökonomische und gesellschaftliche Bedeutung der Lehre im Mittelpunkt. Ein Rückblick.

Am 14. Oktober luden IBW, IHS, L&R, öibf und WIFO zum dritten Berufsbildungs-Jour-Fixe an das Institut für Höhere Studien (IHS) ein. Fünf Expert:innen - jeweils ein:e Expert:in der jeweiligen Institutionen - gaben kompakte Einblicke in ihre Forschung und Analysen. 

Die Präsentationen zeigten die Relevanz aktueller Forschungsergebnisse für Wirtschaft und Gesellschaft. IHS-Bildungsforscher Mario Steiner gibt nun im Interview einen genaueren Einblick in seine Forschung. Er spricht darüber, dass höhere Lehrabschlussquoten Wachstum, Beschäftigung und öffentliche Finanzen stärken.

„Investitionen in Ausbildung zahlen sich vielfach zurück“

Ein Gespräch mit Mario Steiner, Institut für Höhere Studien (IHS)

Sie haben beim Berufsbildungs-Jour-Fixe aufgezeigt, welche gesamtwirtschaftlichen Effekte höhere Lehrabschlussquoten haben. Was genau lässt sich daraus ablesen?

Die Analysen mit dem makroökonomischen Simulationsmodell TaxLab bei uns am Haus zeigen sehr klar: Wenn es gelingt, dass jährlich 3.000 Jugendliche zusätzlich durch entsprechende Unterstützungsmaßnahmen eine Lehre abschließen anstatt die Bildungslaufbahn früh zu beenden, dann erhöht das langfristig die Abschlussquote in der Bevölkerung zwar “nur” um zwei Prozentpunkte, das hätte aber spürbare volkswirtschaftliche Effekte. Die Arbeitslosenquote würde um rund 0,33 Prozentpunkte sinken, die Löhne würden um etwa 0,5 Prozent steigen, und langfristig, in etwa 30 Jahren, würde das BIP um 0,46 Prozent höher liegen als ohne diese Maßnahme.

Das klingt nach einem Hebel für die Wirtschaft – auch für die öffentlichen Finanzen?

Ja, das ist besonders interessant: Die Berechnungen zeigen, dass sich das Budgetdefizit langfristig um rund 0,6 Milliarden Euro verringern würde. Mit anderen Worten: Jeder verhinderte Ausbildungsabbruch entlastet nicht nur den Arbeitsmarkt und lindert den Fachkräftemangel, sondern auch die Staatsfinanzen profitieren. Investitionen in Ausbildung sind also weit davon entfernt, „too expensive“ zu sein – sie sind vielmehr ein Motor für Wachstum und Stabilität.

Was folgt daraus für die Bildungspolitik?

Bildungspolitik ist auch Wirtschaftspolitik. Wenn wir Jugendlichen bessere Chancen bieten und dabei unterstützen, ihre Ausbildung abzuschließen, steigern wir die Produktivität, erhöhen die Beschäftigung und sichern langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Das zeigt: Eine starke Lehrlingsausbildung und Unterstützung der Jugendlichen ist nicht primär ein Kostenfaktor – sie ist eine Zukunftsinvestition.

Lehre in der Praxis

Auch aus der Praxis kamen klare Signale: Rupert Danninger (HAUSER GmbH) berichtete, wie Lehrlingsausbildung strategisch im Betrieb verankert ist und welchen Beitrag sie zur Fachkräftesicherung leistet. Die anschließende Diskussion griff Steiners Befunde direkt auf – etwa die Frage, wie betriebliche Ausbildungsmodelle und politische Maßnahmen zusammenspielen können, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden und die Attraktivität der Lehre weiter zu steigern.

So wurde auch beim dritten Berufsbildungs-Jour-Fixe deutlich, wie wichtig der Dialog über die Zukunft der Berufsbildung in Österreich ist.


Fünf Expert:innen präsentierten kompakte Einblicke in ihre Forschung und Analysen:

  • Julia Bock-Schappelwein (WIFO) zeigte aktuelle Zahlen und Fakten zur Lehrlingsausbildung in Österreich.
  • Philipp Schnell (öibf) verdeutlichte, dass sich Lehrlingsausbildung auch für Betriebe betriebswirtschaftlich lohnt.
  • Marlis Riepl (IBW) beleuchtete die volkswirtschaftlichen Effekte einer fundierten Fachkräfteausbildung.
  • Mario Steiner (IHS) stellte dar, welche makroökonomischen Auswirkungen ein Lehrabschluss im Vergleich zu einem Ausbildungsabbruch hat.
  • Nadja Bergmann (L&R) thematisierte die ungleiche Verteilung der Erträge aus der Lehrlingsausbildung nach Geschlecht.

Über die Veranstaltungsreihe

Die Veranstaltungsreihe „Berufsbildungs-Jour-Fixe“ verfolgt das Ziel, aktuelle Herausforderungen der Berufsbildung aufzugreifen und praxisnahe Lösungsansätze zu diskutieren.

Der vierte Berufsbildungs-Jour-Fixe wird am 14. April 2026 dann wieder am WIFO stattfinden.