Ich bin so schön, ich bin so toll

PartnerInnensuche im Internet

Autorin: Anna Walter

Was ist wichtig an einer Partnerin oder an einem Partner? Auch dieser Frage widmen sich VerhaltensökonomInnen – mit teils erstaunlichen Erkenntnissen.

Was ist Ihnen wichtig an einer Partnerin oder an einem Partner? Intelligenz? Gutes Aussehen? Beides? Die Antworten scheinen glasklar -sind das etwa Fangfragen?

Nein, tatsächlich sind das Fragestellungen, denen eine aktuelle experimentelle Studie von Egebark et al. (2021) nachgeht (wer genauer wissen möchte, wie Experimente in der Verhaltensökonomie funktionieren, lese diesen Blogartikel) Die ForscherInnen wollten herausfinden, inwiefern heterosexuelle Menschen bei der Partnersuche online Wert auf „brains“ (Intelligenz) oder „beauty“ (Attraktivität) legen.

Dafür erstellten sie fiktionale Profile auf einer niederländischen Dating-Seite und variierten gezielt Indikatoren für Intelligenz und Attraktivität der Fake-Profile. Andere Faktoren (z.B. Sportlichkeit) wurden auf „durchschnittlich“ voreingestellt, sodass mögliche Effekte von den variierten Faktoren abhängen.

Fake-Profile gehen auf PartnerInnensuche

Einerseits wurde der Grad an „brains“ (Lehre vs. Universitätsabschluss) in der Profilbeschreibung verändert. Um den Faktor „beauty“ zu verändern, wurden Fotos von unterschiedlich attraktiven Gesichtern als Profilfotos verwendet. Klarerweise ist es sehr subjektiv, was und wen man als optisch attraktiv wahrnimmt – dennoch lassen sich mit einer größeren Stichprobe Tendenzen feststellen. So ließen die AutorInnen in einer Vorstudie Profilfotos bewerten (1 = sehr unattraktiv, 5 = sehr attraktiv). Eine weiter Vorstudie diente dazu, statistisch (unterdurchschnittlich – durchschnittlich – überdurchschnittlich) attraktive KandidatInnen herauszufiltern. Schlussendlich entstanden 12 Fake-Profile (2 Bildungsniveaus x 3 Attraktivitätsniveaus x 2 Geschlechter). Zusätzlich wurden die Profilbeschreibungen und -fotos der echten Plattform-NutzerInnen heruntergeladen und nach Attraktivität bewertet. Schließlich gingen die Fake-Profile auf PartnerInnensuche: 2667 echte Online-DaterInnen erhielten zufällig eine standardisierte Anfrage von einem der Fake-Profile. 

Attraktivität bringt’s – Intelligenz nur manchmal

Wenig überraschend ist ein attraktives Gesicht praktisch beim Online-Daten: überdurchschnittlich attraktive Profile (sowohl Männer als auch Frauen) erhielten signifikant eher positive Antworten auf Ihre Date-Anfragen. Mit positiven Antworten meinen die AutorInnen Nachrichten, die nicht explizit negativ sind. Bei der Bildung hingegen wird es spannend: für weibliche DaterInnen war das Bildungslevel des Partners nicht entscheidend, während männliche Dater eher auf weibliche Fake-Profile mit niedriger Bildung antworteten. Die AutorInnen sahen sich diese Effekte auch noch im Zusammenhang mit den persönlichen Daten der echten DaterInnen an. Gebildete Männer reagierten eher positiv auf die weniger gebildeten Frauen. Bei gebildeten Frauen hingegen wurde ein gegenteiliger Trend festgestellt: sie antworteten eher auf Anfragen von Fake-Profilen mit Universitätsabschluss.

Klarerweise kann dieses Ergebnis nicht auf alle Menschen der Erde übertragen werden – immerhin ist es eine spezielle Personengruppe, die im Internet nach Liebe sucht. Allerdings ist die Stichprobe repräsentativ für die niederländische Gesellschaft. Die AutorInnen legten zwar Wert darauf, dass die Beteiligten („echte“ und Fake-DaterInnen) ernsthafte Absichten verfolgten: die Dating-Plattform kostet 45€, was kurzfristig Interessierte abschrecken soll und auf den Fake-Profilen (und in deren Date-Anfrage) stand stets, sie seien an einer langfristigen Beziehung interessiert. Aber klarerweise konnte tatsächliches Dating-Verhalten nicht gemessen werden (Fake-Profile zu treffen wäre schwierig).

Auch in anderen Studien ist Attraktivität Trumpf

Bei einer anderen Studie mit US-AmerikanerInnen finden die Autoren, dass attraktivere Profile eher Kontaktanfragen erhalten als weniger attraktive Profile (Hitsch, Hortaçsu & Ariely, 2010). Während Frauen gebildetere Profile eher kontaktierten, gab es bei Männern keinen signifikanten Unterschied. Das heißt, in der Studie daten Frauen bildungsmäßig nach „oben“, Männern scheint das Bildungsniveau eher egal zu sein. Zum selben Schluss kommt auch eine Studie aus Belgien, wo Fake-Profile auf Tinder erstellt wurden (Neyt, Vandenbulcke & Baert, 2019).– eine signifikant „abschreckende“ Wirkung wie bei Egebark et al. (2021) konnten die AutorInnen beider Studien also nicht feststellen.

Eine Serie an Studien aus den USA untersuchte die Rolle von Intelligenz und psychologischer Nähe (Park, Young, & Eastwick, 2015). Die AutorInnen zeigten, dass Männer grundsätzlich Frauen attraktiver finden, die intelligenter als sie sind (in der Studie: höhere Punktezahl in einem kurzen Intelligenztest als sie selbst). Sobald es jedoch um „psychologisch nahe“ (vs. „entfernte“) Frauen geht (in den Studien waren das z.B. Frauen, die im selben vs. in einem anderen Raum saßen), begeistern sie sich eher für weniger intelligente Frauen. Unklar ist jedoch, ob die Online-Dater in der ersten Studie die Fake-Profile als „psychologisch nahe“ wahrgenommen haben.

Was lernen wir daraus?

Eine Studie mit echten statt Fake-Profilen wäre besonders spannend, um zu sehen ob diese Tendenzen auch beim Daten „in echt“ existieren, also beispielsweise bei Treffen, und nicht nur beim Verfassen von Online-Nachrichten. Denn die Verhaltensökonomie weiß längst: was man behauptet zu tun oder zu mögen (stated preferences) ist nicht immer dasselbe wie was man dann tatsächlich tut oder mag (revealed preferences), das gilt auch beim Dating (s. Whyte & Torgler, 2017). Aber nicht nur - man denke an Neujahrsvorsätze oder sozial unerwünschte Verhaltensweisen (z.B. Littering). So behaupten beispielsweise Menschen, die soeben beim Littering (d.h. Müll achtlos fallenlassen) beobachtet wurden in 36% der Fälle, im vergangenen Monat nicht gelittert zu haben – ein klarer Unterschied zum gezeigten Verhalten (Bator, Bryan & Wesley Schultz, 2011).

Zurück zum Online-Dating: fürs Profilfoto sollte man sich auf jeden Fall herausputzen. die hier beschriebenen Studien könnten den Eindruck erwecken, Frauen sollten ihr Bildungsniveau im Zweifelsfall verheimlichen bzw. herunterspielen – schlussendlich handelt es sich jedoch um hypothetische Studien und spätestens beim ersten Date würde der Bluff auffliegen. Noch dazu gibt es glücklicherweise zahlreiche andere und subjektiv mehr oder weniger wichtige Faktoren, die ein Gegenüber als potenzielle(n) PartnerIn qualifizieren!

Zum Abschluss noch ein Tipp aus der Psychologie: beim ersten Kennenlernen unbedingt etwas emotional Spannendes tun (z. B. Achterbahnfahren, auf einer hohen Brücke flanieren). Menschen schreiben nämlich die Aufregung dann der Person zu, mit der sie unterwegs sind, statt den eigentlichen Auslösern (z.B. Tempo, Höhe) (vgl. Dutton & Aron, 1974). Wenn Sie also demnächst datende Personen auf dem Riesenrad sehen, wissen Sie jetzt, warum.

Literatur

Bator, R. J., Bryan, A. D., & Schultz, P. W. (2011). Who gives a hoot?: Intercept surveys of litterers and disposers. Environment and Behavior, 43(3), 295-315.

Dutton, D. G., & Aron, A. P. (1974). Some evidence for heightened sexual attraction under conditions of high anxiety. Journal of Personality and Social Psychology, 30(4), 510.

Egebark, J., Ekström, M., Plug, E., & Van Praag, M. (2021). Brains or beauty? Causal evidence on the returns to education and attractiveness in the online dating market. Journal of Public Economics, 196, 104372.

Hitsch, G. J., Hortaçsu, A., & Ariely, D. (2010). Matching and sorting in online dating. American Economic Review, 100(1), 130-63.

Neyt, B., Vandenbulcke, S., & Baert, S. (2019). Are men intimidated by highly educated women? Undercover on Tinder. Economics of Education Review, 73, 101914.

Park, L. E., Young, A. F., & Eastwick, P. W. (2015). (Psychological) distance makes the heart grow fonder: Effects of psychological distance and relative intelligence on men’s attraction to women. Personality and Social Psychology Bulletin, 41(11), 1459-1473.

Whyte, S., & Torgler, B. (2017). Preference versus choice in online dating. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking, 20(3), 150-156.