Verteilungsfragen in der Forschungsförderung

Zusammenfassung des Workshops “Forschungspolitik: How to distribute the cake of research funds"

Autor: Thomas König

Wettbewerb hat in den letzten Jahrzehnten in der Forschungsförderung stark an Bedeutung gewonnen – dies gilt nicht nur in quantitativer Hinsicht (in vielen Ländern sind z.B. Mittel für projektbasierte Forschungsförderung sowohl anteilig als auch absolut gestiegen), sondern auch in Hinblick auf die Steuerung und Selektion (so ist die Einwerbung von Drittmitteln oft eine (implizite) Voraussetzung für eine wissenschaftliche Karriere, die Zahl an kompetitiv eingeworbenen Grants wird als Kennzahl für den wissenschaftlichen Erfolg einer Einrichtung genommen).

Von der Idee …

Die Idee zu dem Workshop am IHS nahm seinen Ausgang, als Medienberichte über einen Blogpost  von Gerald Schweiger auf Twitter kommentiert wurden. Schweiger hatte seinerseits zentrale Aspekte der projektförmigen Forschungsförderung – insbesondere Peer Review – kritisch betrachtet: zu aufwändig, zu unzuverlässig. Das warf einige grundsätzliche Fragen auf: Nach welchen Kriterien kann die Verteilung der Fördermittel für Forschung als effizient und fair bezeichnet werden? Unter welchen Rahmenbedingungen ist Wettbewerb in der Forschungsförderung sinnvoll? Welche Erfahrungen mit Instrumenten der Forschungsförderung gibt es? Und was ist eigentlich “Exzellenz”?

Beim Workshop eröffnete Gerald Schweiger mit einer Zusammenfassung seiner zentralen Punkte. Die Begründung, dass Wettbewerb zu besserer Forschung führen würde, sei fragwürdig und jedenfalls empirisch nicht eindeutig zu beantworten. Unter anderem verwies er auf den Umstand, dass das Schreiben von Anträgen immer mehr Zeit brauche, zugleich aber die Erfolgswahrscheinlichkeit immer kleiner würde. Schweiger führte auch einige alternative Verfahren an: ein Lotteriesystem oder eine gleichmäßige Ausstattung von Forschenden mit kleineren Forschungsgrants. Er kritisierte zudem, dass wissenschaftliche Exzellenz kaum einmal empirisch (etwa durch Metriken) gemessen würde.

... zur konstruktiven Auseinandersetzung

Jürgen Janger wies in seiner Präsentation darauf hin, dass wettbewerbliche Förderung am staatlichen Forschungsbudget in Österreich anteilig einen sehr kleinen Bestandteil ausmache – wenn Österreichs Forschungsförderung also im OECD Vergleich keinen optimalen Leistungsertrag zeige, dann würde dies darauf schließen lassen, dass es zu wenig wettbewerblich organisierte Forschungsförderung gäbe. International unterlägen projektförmige Förderinstrumente zudem einer ständigen Entwicklung, wobei auf Evaluationsergebnisse und auch Kritik aus der Forschungscommunity eingegangen würde. Dies zeigen die zahlreichen Publikationen zum Thema, die keineswegs ausschließlich negative Effekte von Projektförderungen mit Peer Review Verfahren finden.

Thomas König ergänzte, indem er einlud, „Forschung“ als eigenes Politikfeld zu denken – es bedeute, dass Begriffe wie Exzellenz, aber auch Verfahren wie Peer Review in der Forschungsförderung besondere Charakteristika hätten. Insbesondere wies er auf die doppelte Legitimationsfunktion von Entscheidungen hin, und zwar gegenüber den Forschenden ebenso wie auch gegenüber den politischen Entscheidungsträger:innen. Wenn forschungspolitisch zentrale Begriffe und Verfahren kritisch beleuchtet würden, wäre immer auch zu klären, auf welches forschungspolitische Problem sie eine Antwort versprächen.

Offene Punkte, einige Anregungen

In der Diskussion wurde zunächst aufgeworfen, dass die empirische Basis deutlich breiter sei als im ersten Vortrag skizziert – Forschungsförderer wie der FWF würden regelmäßige Evaluierungen durchführen lassen, die in die Betrachtung stärker einzubeziehen seien. Zudem würde die Kritik an Programmen und Verfahren dazu führen, dass diese regelmäßig angepasst und verbessert würden – es gäbe also durchaus eine inkrementelle, fortlaufende Adaptierung des Peer Review Verfahrens.

Ein weiterer Punkt betraf die Perspektive. Es wurde darauf hingewiesen, dass im Vergleich zu den erwähnten Programmevaluierungen von Forschungsförderungen eine Evaluierung der seit dem UG02 an die Universitätsleitungen delegierte Praxis der Berufung von Professor:innen bis heute keinerlei externe Analyse erfahren habe; kein anderes Entscheidungsverfahren habe aber so unmittelbare und zugleich langfristige Auswirkungen auf den Forschungsstandort wie die der Personalauswahl. Erwähnt wurden in diesem Zusammenhang auch die Leistungsvereinbarungen, welche die Mittelausstattung der Universitäten steuern sollten.

Was wäre zu tun? Konkrete Vorschläge betrafen insbesondere eine Systemevaluierung des Forschungsförderungssystems (die letzte hatte 2009 stattgefunden). Eine entscheidende Systemschraube könnte die Einführung von „teaching buy-outs“ sein, die es insbesondere Professor:innen erlauben würde, sich bei erfolgreicher Projektakquise stärker auf die Forschung zu konzentrieren. Und eine zumindest stichprobenartige Erfassung der Berufungspraxis würde zu mehr Evidenz und Best Practices an den Universitäten führen. Insgesamt war der Workshop erfolgreich und eine konstruktive Diskussion,um forschungspolitisch relevante Themen zu erläutern.

Materialien:

Gerald Schweiger (TU Graz): Kompetitive Forschungsfinanzierung: Effizienzsteigerung oder Innovationsbremse?

Jürgen Janger (WIFO): Forschungsfinanzierung in der Wissenschaft – welche Rolle spielt sie für wissenschaftliche Leistung?

Thomas König (IHS): Forschung als Politikfeld: Anmerkungen zu Peer Review und Exzellenz