COVID-19 Expert:innen fordern einheitliche Strategie für Europa

Wie kann Europa die COVID-19-Pandemie überwinden und welche Strategien und Risiken sind dabei zu bedenken? Diesen Fragen haben sich 24 Expert:innen aus ganz Europa in einer ausführliche Situationsanalyse für die kommenden Monate und Jahre gewidmet. Vom IHS war Thomas Czypionka, Leiter des Forschungsbereichs Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik, als Autor beteiligt. Die Ergebnisse sind in den renommierten Fachzeitschriften The Lancet und The Lancet Regional Health – Europe erschienen.


(Wien, 10.08.2021) Nach einem deutlichen Rückgang der COVID-19-Inzidenz im Frühjahr in ganz Europa, haben viele Länder ihre Eindämmungs-Maßnahmen gelockert oder sogar ganz aufgehoben. In Kombination mit der Ausbreitung der Delta-Variante und vermehrter Reiseaktivität führte dies jedoch zu einem erneuten Anstieg der Inzidenz. Die geplante Öffnung der Schulen nach den Sommerferien sowie eine erhöhte Übertragung des Virus in der bevorstehenden nasskalten Jahreszeit sind ernstzunehmende Herausforderungen, die ganzheitliche Strategien erfordern.

Die umfassende Analyse der Situation mit Ableitung möglicher Zukunftsszenarien wurde Ende Juli 2021 veröffentlicht. Nun legen die Autor:innen in einer ergänzenden Publikation die Vorteile einer geringen Inzidenz und die Notwendigkeit einer länderübergreifenden Strategie dar. „Es ist derzeit noch ein Trugschluss, dass die Pandemie vorbei sei und daher keine Maßnahmen mehr notwendig sind. Wir sollten hingegen den Rückenwind der Impfungen nützen und europäisch koordiniert handeln, um bestmöglich durch den Winter zu kommen“, so Thomas Czypionka.

Einheitliche Strategie macht Überwinden der Pandemie vorstellbar

Die Expert:innengruppe hat zwei gegensätzliche Strategien analysiert: 1. Eine rasche Aufhebung der Beschränkungen, in der Annahme, dass eine mögliche hohe Inzidenz dank Immunisierung nicht zur Überlastung der Gesundheitssysteme führt; und 2. Eine schrittweise Aufhebung der Beschränkungen im Tempo des Impffortschritts mit dem Ziel niedriger Inzidenzen.

„Eine niedrige Inzidenz bringt viele Vorteile – wie etwa verringerte Mortalität, Solidarität mit noch nicht geschützten Personen, ein niedrigeres Risiko, dass sich neue Varianten entwickeln und ausbreiten – und ist damit die beste Garantie, dass Schulen, Kindertagesstätten und Geschäfte während der kommenden Herbst-Winter-Saison geöffnet bleiben können“, sagt Gesundheitsökonom Thomas Czypionka. „Insgesamt haben wir jetzt dank Impfung die Chance, mit geringen Einschränkungen die Inzidenz trotz Delta-Variante und auch in der kalten Jahreszeit niedrig zu halten.“

In dem Artikel beleuchten die Autor:innen weiters die Herausforderung, vor der die Gesellschaft und die einzelnen Staaten stehen. Auf Basis ihrer Analyse fordern sie eine ganzheitliche europäische Strategie, die eine kohärente Pandemiereaktion und Kommunikationsstrategie beinhaltet. Unter der Voraussetzung, dass jetzt solidarisch und umsichtig gehandelt wird, geben die Forscher:innen auch einen positiven Ausblick: Das Ende der Pandemie wäre zwar noch nicht erreicht, aber vorstellbar.

Hier geht es zur Publikation, erschienen am 10.08.2021 in The Lancet:

Priesemann et al., The Lancet: Towards a European strategy to address the COVID-19 pandemic