Wissenschaft, öffne dich!

Autor*innen: Elisabeth Frankus, Thomas König, Elisabet Torggler

Im September 2020 war die Wanderausstellung „Open UP!“ am IHS zu Gast. Sie thematisiert die Open Science Bewegung und wie sie insbesondere in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften die tägliche Forschungsarbeit verändert. In diesem Beitrag reflektieren Thomas König, Elisabeth Frankus und Elisabet Torggler einige wesentliche Aspekte von Open Science.


Wissenschaftliches Arbeiten beruht unter anderem auf den Grundprinzipien der Nachvollziehbarkeit und der Gemeinschaftlichkeit. Wenn ich eine bestimmte Frage erforsche, dann veröffentliche ich nicht nur die Ergebnisse meiner Forschung, sondern ich erläutere auch die Schritte, wie ich zu diesen Ergebnissen gekommen bin und warum ich die Frage für relevant erachte. Damit öffne ich mich auf der einen Seite möglicher Kritik und ermögliche auf der anderen Seite gegenseitiges Lernen mit und von anderen. Darüber hinaus können Forschungsresultate eingeordnet und der eigene Wissensstand erweitert werden.

Die Digitalisierung erlaubt es, diese Prinzipien auf ganz neue Art und Weise fruchtbar zu machen. Wissenschaftliche Forschung kann neue Formen der Zusammenarbeit und Kollaboration eingehen und dabei den Grundsätzen der Inklusivität und Diversität gehorchen. Der Prozess des Entstehens wissenschaftlicher Erkenntnis kann einfacher transparent und nachvollziehbar gemacht werden. Es eröffnen sich neue Möglichkeiten der gesellschaftlichen Anwendung und wirtschaftlichen Verwertung des wissenschaftlichen Wissens.

Treibende Kraft bei der Durchsetzung dieser Transformation ist die Open Science-Bewegung, ein Überbegriff für verschiedene Initiativen, die eine nachhaltige Veränderung des Wissenschaftsbetriebs durch ihre Öffnung erreichen wollen. Etablierte Routinen des Wissenschaftsbetriebs – angefangen bei der Begutachtung wissenschaftlicher Ergebnisse über die Bewertung bis zu ihrer Veröffentlichung – werden von ihr auf den Prüfstand gestellt und neu gedacht, wobei es freilich auch zu Interessenkonflikten zwischen den einzelnen Akteur*innen kommen kann.

Als Beispiel für das Ergebnis einer solchen Initiative sei etwa die kurz vor ihrer Fertigstellung befindliche „Open Science Strategie“ für Österreich erwähnt. Dort nennt das Autor*innenkollektiv die folgenden Subbereiche (die nicht zufällig fast alle mit einem „open“ versehen sind): „Open Access“, „Open Research Data“, „Open Methods“, „Open Evaluation“, „Open Infrastructures“ und „Open Education“ ebenso wie „Citizen Science“. Die Anliegen von Open Science sind auch in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften ein großes Thema: Im Rahmen der Ausstellung „Open UP! Wie die Digitalisierung die Wissenschaft verändert“ fand am IHS eine Eröffnungsveranstaltung statt, bei der nach Eingangsstatements von Bundesminister Heinz Faßmann und der Initiatorin der Ausstellung, Doreen Siegfried, eine hochrangige Gruppe von Expert*innen zu den verschiedenen Facetten und Herausforderungen von Open Science diskutierten.

So einig sich viele in der Zielsetzung sein mögen, wenn es um die Umsetzung von Open Science geht, wird es schwierig. Das zeigt sich am deutlichsten im Bereich des wissenschaftlichen Publikationswesens. Offener und frei verfügbarer Zugang („Open Access“) zu Forschungsergebnissen scheint zunächst einfach realisierbar, mündet aber schnell in betriebswirtschaftliche Fragen und massive Interessenskonflikte. Die Diskussion rund um die Finanzierung von Open Access existiert seit mittlerweile zwanzig Jahren und wurde auch bei der Paneldiskussion aufgegriffen. Die Frage nach der Finanzierbarkeit und auch danach, welche Kosten gegenüber der Gesellschaft vertretbar sind, öffnet den Raum für die Diskussion um die „moralische“ Ökonomie von Open Science, die ihrerseits möglichst offen diskutiert werden sollte.

Denn ungeachtet der aufgeworfenen Schwierigkeiten betonten alle Teilnehmer*innen, dass die Digitalisierung eine enorme Chance bedeutet, und zwar in zweifacher Hinsicht: erstens, um den Wissenschaftsbetrieb zu verbessern und effizienter zu gestalten und zweitens, um ihn besser in der Gesellschaft zu verankern. Die Notwendigkeit in beides zu investieren und Digitalisierung dafür zu nützen Wissenschaft für gesellschaftliche Fragen zu öffnen und den Mitgliedern der Gesellschaft auch zugänglich zu machen, zeigt uns nicht zuletzt die gegenwärtige Corona-Krise.