Symposium: Konsum Neu Denken

Zur Veranstaltung

Repair & Do-It-Yourself Aktivitäten auf der einen Seite und Diskussionen über die Kreislaufwirtschaft auf der anderen Seite gelten aktuell als vielversprechende Beispiele, wie derzeitige Konsumtions- und Produktionsweisen im Sinne einer nachhaltigen Gesellschaft reorganisiert und umgestaltet werden können. Das heurige, 4. Symposium Konsum Neu Denken findet vom 17. bis 18. Oktober 2019 am Institut für Höhere Studien Wien statt. Es bietet Raum, um sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus praxisbezogener Perspektive die Relevanz, die Wechselwirkungen wie auch der Möglichkeiten und Grenzen der genannten Phänomene des Reparierens, Selbermachens und Länger Nutzens einerseits und des Kreislaufwirtschaftens andererseits zu diskutieren.

   

Zielgruppen

Das Symposium richtet sich an Akteurinnen und Akteure, die im Themenfeld Konsum/Konsumtion forschen, lehren und arbeiten. Akteurinnen und Akteure aus der wissenschaftlichen Forschung und der Praxis (der Politik, der Bildung, der Öffentlichkeit oder der Wirtschaft) sind ebenso eingeladen, wie interessierte BürgerInnen resp. KonsumentInnen.

   

Inhalte

In Österreich wie auch in anderen Ländern werden jährlich Tonnen von Elektrogeräten, Möbeln, Textilien und anderen Alltagsgegenständen entsorgt, obwohl diese oftmals länger weiterverwendet werden könnten. Das stetige Anwachsen der Müllberge ist nicht nur nichtnachhaltigen Produktions- und Nutzungspraktiken in der Wirtschaft geschuldet, die sich etwa als Effekte frühzeitiger Obsoleszenz bemerkbar machen. Zudem dominieren entsprechende lebens- und milieuspezifischen Ge- und Verbrauchsweisen in der Lebenswelt, die sich an entsprechenden Leitbildern vorherrschender Kauf-, Konsum- und Wegwerfkulturen orientieren. Nicht zuletzt fehlt es auch an geeigneten politischen Aktivitäten, die den Aufbau nachhaltiger urbaner und ländlicher Praktiken und Infrastrukturen zum Ziel haben.

Zugleich lässt sich in vielen europäischen Städten ein Anwachsen kommerzieller wie nicht-kommerzieller Sharing-Initiativen, Upcycling-Maßnahmen, Do-It-Yourself(DIY)-Aktivitäten wie Urban Gardening und offene Werkstätten sowie Repair-Initiativen und -Praktiken beobachten, die unter das Label eines Do-It-Yourself Urbanism gefasst werden. Auch wenn solche und weitere Initiativen und Praktiken noch lange nicht breitflächig entwickelt und dauerhaft gesichert sind, wird diesem Do-It-Yourself Urbanism gemeinhin ein erhebliches Entwicklungspotential zugeschrieben. Demnach wird postuliert, dass die betreffenden Aktivitäten einen deutlichen Beitrag zur Entwicklung zukunftsorientierter, nachhaltiger Konsumkulturen und Lebensformen leisten können, der nicht nur den urbanen, sondern auch den ländlichen Raum umfasst, ohne das es hierzu schon gesicherte empirische Forschung gibt. Unklar sind in diesem Zusammenhang auch die Auswirkungen von Kommodifizierungsprozessen, denen eine Reihe der genannten Praktiken unterworfen ist.

Zusätzlich kann man zudem beobachten, dass vor allem im politischen Diskurs Ansätze und Modelle der Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) an Relevanz gewinnen, deren Entwicklung und praktische Umsetzung ebenfalls als zukunftsweisende Alternativen zu den vorherrschenden nichtnachhaltigen Produktions- und Konsumtionsweisen eingeschätzt werden. Folgt man dem Mainstream in der betreffenden Diskussion, soll die Einführung möglichst geschlossener Ressourcen- und Materialienkreisläufe nicht nur weitgehend brachliegende Potentiale der Wiederverwendung und -verwertung ermöglichen, sondern sich auch in ressourcensparenden Produktionsweisen und Konsumkulturen langlebiger und reparaturfähiger Produkte niederschlagen. Vernachlässigt wird hierbei oftmals, dass eine derart anvisierte Einführung von (Wirtschafts-)Kreisläufen, die auch Komponenten und Güter umfassen, weit über die Herausforderungen einer auf Stoffkreisläufe ausgerichteten Recycling-Wirtschaft hinausgehen muss.

Fragt man vor diesem Hintergrund nach dem Verhältnis zwischen den genannten Repair und Do-It-Yourself-Aktivitäten auf der einen Seite und der Diskussion über eine Circular Economy auf der anderen Seite, so lassen sich beide als unterschiedliche Problemlösungswege eines gemeinsamen Zieles – nämlich der Entwicklung einer nachhaltigen Gesellschaft – deuten. Während erstgenannte Aktivitäten vor allem bottom up organisiert werden und damit auch zentral an Aspekte der Konsumentenverantwortung geknüpft sind, wird die Diskussionen um eine Kreislaufwirtschaft primär top down organisiert (etwa in ihrer Verankerung auf EU Ebene) und fokussiert stärker auf Aspekte, die die die politischen Rahmenbedingungen betreffen.

Auf der Grundlage dieser Beobachtungen verfolgt das Symposium die Zielsetzungen, Möglichkeiten und Grenzen der genannten Phänomene im Hinblick auf die Entwicklung zukunftsweisender und nachhaltiger Konsumtionspraktiken und -kulturen und deren Transformationspotenzial, Produktionsweisen und Initiativen aus der Politik, der Wirtschaft, der Öffentlichkeit sowie der Bildung und der Wissenschaft zu thematisieren. Erwünscht sind folglich Beiträge sowohl aus dem wissenschaftlichen Bereich als auch aus den Praxisfeldern des Reparierens, Selbermachens und Länger Nutzens wie auch des Kreislaufwirtschaftens selbst. Dabei verfolgt das Symposium auch die Zielsetzungen, vorhandene Wechselbeziehungen und Unvereinbarkeiten zwischen den genannten Phänomenen kritisch zu diskutieren und auszuloten. Explizit werden auch NachwuchswissenschaftlerInnen eingeladen, Beiträge einzureichen einzureichen (im begrenzten Umfang können auch Reisekosten für NachwuchswissenschaftlerInnen erstattet werden).

Wir bitten bei Annahme Ihres eingesendeten Abstracts um Zusendung eines short papers (max 2.000 Worte) bis zum 15.09.2019. Es ist vorgesehen, ausgewählte Beiträge des Symposiums in einem Sammelband der Reihe „Kritische Verbraucherforschung“ im Springer VS Verlag zu veröffentlichen.

   

Vorläufiges Programm

Donnerstag, 17.10.2019

10:00 - 10:30

Anmeldung und Registrierung

10:30 - 11:00

Einführung und Begrüßung

Michael Jonas (Institut für Höhere Studien, Wien)

Johannes Bockstefl (Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft, Wien)

Gabriele Zgubic (Arbeiterkammer Wien, Wien)

Barbara Schmon (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, Wien)

11:00 - 13:00

Keynotes: Repair & Do-it-Yourself und Circular Economy

Moderation: Michael Jonas (Institut für Höhere Studien, Wien)

Beitrag 1: Sylvia Maurer (Europäischer Verbraucherverband BEUC, Brüssel). Langlebigkeit und Reparatur von Verbraucherprodukten – Was kann die EU tun?

Beitrag 2: Tom Hansing (Die Anstiftung, in München). Offene Werkstätten und Reparatur-Initiativen: Wie Freiraum und Eigenarbeit die Welt reparieren kann.

13:00 - 14:00

Mittagsbuffet

14:00 - 15:30

Session 1: Verbraucherforschung – Obsoleszenz

Moderation: Sebastian Nessel (Karl-Franzens-Universität, Graz)

Beitrag 1: Gerhard Paulinger (Universität Wien, Wien), Nina Tröger (Arbeiterkammer Wien, Wien). Reparieren oder Neukaufen?

Beitrag 2: Renate Hübner & Franziska Weder (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Klagenfurt). Was ist nachhaltig normal? Länger nutzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

Beitrag 3: Tamina Hipp (Technische Universität Berlin, Berlin). „Doing value“ – wie Praktiken der Bedeutungszuweisung die Nutzungsdauer von Geräten beeinflussen.

15:30 - 16:00

Pause

16:00 - 17:30

Session 2: Sozialwissenschaftliche Studien I

Moderation: Renate Hübner (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Klagenfurt) [tbc]

Beitrag 1: Markus Piringer & Elmar Schwarzlmüller (DIE UMWELTBERATUNG, Wien). Repair & Do-it-yourself Urbanism: Good Practice in London und Berlin. Auszüge aus Forschungsergebnissen des Projektes Repair & Do-it-yourself Urbanism.

Beitrag 2: Simeon Hassemer (Institut für Höhere Studien, Wien). Inszenierungen von Reparieren-im-Öffentlichen-Raum.

Beitrag 3: Thomas Edward Sutcliffe (Norwegian University of Science and Technology, Trondheim). The enrolment of citizens in the re-organisation of a medium-sized city for a circular economy.

17:30 - 18:00

Buchpräsentation: "Das Transformative Potential von Konsum zwischen Nachhaltigkeit und Digitalisierung" (bei Getränken und Brot)

Moderation: Michael Jonas (Institut für Höhere Studien (IHS), in Wien)

Barbara Schmon (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, Wien), Renate Hübner (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Klagenfurt)

ab 18:00

Gemeinsames Abendbuffet

 

 

Freitag, 18.10.2019

09:00 - 10:30

Session 3: Aus der Praxis - Für die Praxis

Moderation: Michael Jonas (Institut für Höhere Studien, Wien)

Beitrag 1: Andreas Lorenzi (LORENZI feinste Stahlwaren & Schleiferei, Wien). Handwerk weiterdenken.

Beitrag 2: Anna Rosa Vollmann & Josef Hackl (Umweltbundesamt, Wien). Ergebnisse des ersten Österreichischen Obsoleszenz Dialogs.

Beitrag 3: Matthias Neitsch & Maximiliam Wagner (Re-use- und Reparaturnetzwerk Österreich, Wien). Mit Zange und Lötkolben für eine bessere Welt. Leistungen der österreichischen Reparaturszene für Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz.

10:30 - 11:00

Pause

11:00 - 12:00

Konsum Neu Denken - Wohin?

12:00 - 13:00

Mittagsbuffet

13:00 - 14:30

Session 4: Theoretische und historische Perspektiven

Moderation: Christian Fridrich (Pädagogische Hochschule Wien, Wien)

Beitrag 1: Kai-Uwe Hellmann (Technische Universität Berlin, Berlin). Was ist an Prosumtion noch Konsumtion? Die positive Wendung eines negativen Klischees.

Beitrag 2: Thomas Vogel (Pädagogische Hochschule Heidelberg, Heidelberg). Über den Umgang mit den Dingen.

Beitrag 3: Reinhild Kreis (Universität Mannheim, Mannheim). DIY und die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft. Aktuelle Diskussionen in historischer Perspektive.

14:30 - 15:00

Pause

15:00 - 16:30

Session 5: Sozialwissenschaftliche Studien II

Moderation: Michael Jonas (Institut für Höhere Studien, Wien)

Beitrag 1: Laura Wallnöfer (Universität für Bodenkultur, Wien). Transition to sustainable lifestyles: the role of young citizens for capacity building and disseminating practices.

Beitrag 2: Karin Schanes (Universität für Bodenkultur, Wien). Sharing, not wasting: A study on motives and determinants of participation in food sharing initiatives.

Beitrag 3: Angela Köppl, Margit Schratzenstaller, Ina Mayer & Simon Loretz (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Wien). Fiskalische Instrumente zur Förderung des Reparatursektors.

16:30 - 17:30

Gemeinsamer Ausklang bei Getränken und Brot

   

Anmeldung, Unterkunft, Veranstaltungsort

Die Teilnahme am zweitägigen Symposium ist kostenlos. Die Anzahl der TeilnehmerInnen ist begrenzt. Nachmeldungen können, solange noch Teilnahmemöglichkeiten bestehen, bis zum 15.09.2019 per mail (jonas@ihs.ac.at) durchgeführt werden. Wir werden Sie anschließend über mögliche Unterbringungsorte informieren.

Veranstaltungsort: Institut für Höhere Studien, Josefstädter Straße 39, 1080 Wien https://www.ihs.ac.at/

   

Veranstalter/Kontakt

Organisator: PD Dr. Michael Jonas (Institut für Höhere Studien, Wien), Kontakt: jonas@ihs.ac.at

Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. Christian Fridrich (Pädagogische Hochschule Wien), Dr. Renate Hübner (IUS, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt), Dr. Sebastian Nessel (Karl-Franzens-Universität Graz), Mag.a Nina Tröger (Arbeiterkammer Wien).

Mit Unterstützung und gefördert durch die AK Wien, das BMNT und das bmvit im Rahmen des Programms Stadt der Zukunft.

   

Weiterführende Links

Netzwerk Konsum Neu Denken

Veranstaltungsflyer

Programm als PDF